Marys Fensterkonzerte begeistern das Haus und ganz Ehrenfeld. Wie ihm die Idee dazu kam und was er jetzt plant.
Es war Mitte April, als Mariano alias „Mary“ aus der Dusche stieg. Wie immer nahm er sich kein Handtuch, sondern lief in der Wohnung umher und ließ sich von der warmen Frühlingsluft trocken. „Dabei hab ich laut Musik angemacht, ein Mikro genommen und ein bisschen gefreestylt“, erinnert er sich. Eine Gruppe Berufsschüler auf der anderen Straßenseite wurden auf die Musik aufmerksam. „Die sind dann richtig mitgegangen“, sagt Mary, dem in diesem Moment eine Idee zuflog: „Wir machen einfach von hier aus ein Konzert fürs Berufskolleg“ – ein Fensterkonzert.
Gemeinsam mit befreundeten Künstlern stellte er das Premierenkonzert innerhalb einer Woche auf die Beine. Ein paar Boxen aufgestellt, ein paar Kabel zusammen geliehen und fertig: am 29. April 2024 versammeln sich erstmals Menschen vor Marys Zimmer an der Piusstraße zum Fensterkonzert. Darunter auch Malic Bargiel, der Hausverwalter. „Zuerst habe ich mich bei ihm wegen der Lautstärke gerechtfertigt“, sagt Mary und grinst. Zu seiner Überraschung war Malic die Lautstärke völlig egal. Im Gegenteil: er schlägt sogar vor, die Aktion wöchentlich zu wiederholen.
Das Fensterkonzert entwickelte sich in den nächsten Monaten zu einer Institution im Wohnheim. Es dauerte nicht lang und etwa 100 Leute pilgern montagabends rituell vor Marys Fenster. „Montags hat sowieso niemand was zu tun und alle haben schlechte Laune. Da kann man auch einfach vorbeikommen, wir bieten ja etwas!“, sagt Mary, der den Wochentag deswegen bewusst wählte. Am Setup hat sich trotz oder gerade wegen des Erfolgs nicht viel geändert. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen ein Pavillon und ein Tisch mit selbstgemachter Limonade. „Viele sind anfangs nur wegen der Limo gekommen, aber dann wegen der Musik geblieben“, meint Mary.
Die meisten Künstler, die beim Fensterkonzert auftreten, kennt Mary persönlich. Andere melden sich über Instagram bei ihm. „Jeder bekommt irgendwann die Chance, seine Musik hier zu präsentieren“, sagt Mary. Dabei sei ihm egal, welchem Genre sich jemand zuordnet oder wie viel Erfahrung jemand hat. Für viele Acts war der Auftritt beim Fensterkonzert der erste Gig, sagt Mary: „Wir sind alle gleichgestellt. Alle sind involviert und wir ziehen das zusammen hoch“.
Aktuell befindet sich das Fensterkonzert in der Winterpause, aber im Frühling soll es wieder weitergehen. Und Mary möchte expandieren. Ein eigenes Schiff bei den „Kölner Lichtern“, ein Livestream des Konzertes an verschiedenen Plätzen in Köln und ein Straßenfestival. Marys Visionen stecken noch in den Kinderschuhen, aber der Künstler hat bereits bewiesen, dass er anfangs kleine Projekte groß aufziehen kann. „Das Ganze war ja überhaupt nicht geplant, es ist einfach passiert“, sagt er. „Das Fensterkonzert ist genau das, was Ehrenfeld fehlt. Eine neutrale Plattform für Kultur, an der jeder ohne große Hürde teilnehmen kann. Ohne Eintritt, ohne Diskriminierung“.
Infobox an der Seite:
Mary ist immer auf der Suche nach neuen Acts fürs Fensterkonzert. Wer performen möchte, kann sich per Mail (fensterkonzert@gmail.com) bei ihm melden!
Infokasten zur Person:
Mary ist das kreative Powerhouse an der Weinsbergstraße. Seit er im Herbst 2023 eingezogen ist, hat er schon Vernissagen und Konzerte organisiert. Nebenbei betreibt er ein kleines Tattoo-Studio und kümmert sich um die Hausgemeinschaft.